Die zwei Überlebenden, die es nicht geben sollte
In den Jahren 1953 und 1954 gelang an den damaligen städtischen Krankenanstalten in Landshut ein medizinischer Erfolg, der weit über die Stadt hinaus Beachtung fand: Zwei Patienten überlebten Wundstarrkrampf (Tetanus) – eine Erkrankung, die damals fast immer tödlich verlief. In ganz Europa waren bis dahin nur drei Heilungsfälle bekannt. Mit den beiden Landshuter Fällen erhöhte sich die Zahl auf gerade einmal fünf. Das Medienecho war entsprechend groß: Von „aufsehenerregenden Heilerfolgen“ war die Rede, die nur durch einen „außergewöhnlichen personellen und apparatemäßigen Aufwand“ möglich geworden seien.
Die Krankheit
Tetanus war gefürchtet: Schon kleinste Verletzungen konnten eine Infektion auslösen. Wenige Tage oder Wochen später traten heftige Muskelkrämpfe, schmerzhafte Versteifungen und hohes Fieber auf. Besonders gefährlich war die Verkrampfung der Atemmuskulatur – sie führte meist unweigerlich zum Tod durch Erstickung.
Der Behandlungserfolg
Hinter dem außergewöhnlichen Heilungserfolg stand Professor Dr. Georg Landes. 1906 in München geboren, war er seit 1948 Chefarzt in Landshut. Gemeinsam mit seinem Team wagte er den Einsatz einer damals neuartigen Methode: Mit Medikamenten, die eine „künstliche Muskellähmung“ herbeiführten, wurden die Patienten über Wochen hinweg in völliger Ruhe gehalten. Damit sie diese lange Zeit überstehen konnten, war eine dauerhafte künstliche Beatmung erforderlich – eine Aufgabe, die mit den „komplizierten Apparaten“ der 1950er-Jahre nur unter enormem personellem Einsatz zu bewältigen war. Über viele Wochen hinweg überwachten Ärzte und Schwestern Tag und Nacht Kreislauf, Atmung und Narkosetiefe; jede Störung hätte lebensgefährlich sein können. Schließlich überlebten beide Erkrankte – ein Ergebnis, das man damals kaum für möglich hielt.
Heute ist Tetanus in Deutschland dank Schutzimpfung nahezu verschwunden. Die Impfung gehört zur Grundimmunisierung, Erwachsene sollen sie regelmäßig auffrischen. Kommt es dennoch zu Infektionen – meist in Ländern ohne Impfprogramme – stehen Antitoxin, Antibiotika und moderne Intensivmedizin zur Verfügung. Tetanus ist also längst kein Todesurteil mehr.
Landes und sein Vermächtnis
Prof. Landes prägte das Städtische Krankenhaus Landshut, aus dem später das Klinikum Landshut hervorging, noch viele Jahre. Neben seiner Tätigkeit als Chefarzt übernahm er 1960 auch das Amt des Ärztlichen Direktors, das er bis zu seinem Ausscheiden am 29. Februar 1972 innehatte.