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Wenn Sarah Brandl mit ihrem Hund Luca im Bezirkskrankenhaus Augsburg um die Ecke kommt, dann ist die (Vor-) Freude groß. Seit 1. Mai 2022 ist der schwarze Vierbeiner mit seinen treuen Augen Teil des Teams der Station A1, einer Adoleszenten-Station. Dort werden Patientinnen und Patienten im Alter zwischen 18 und 27 Jahren behandelt, die zum Beispiel traumatische Erfahrungen gemacht haben oder unter Persönlichkeitsstörungen leiden. Eine große Hilfe auf dem Schritt zur Gesundung ist in vielen Fällen Luca.
Aber nicht nur er. Inzwischen werden mehrere Hunde im BKH zu tiergestützten Interventionen eingesetzt, wie es im Fachjargon heißt. Die einen sind ausgebildete Therapiehunde, die anderen Stationshunde. In der tiergestützten Therapie/Ergotherapie findet eine zielgerichtete Behandlung statt. „Das ist eine absolute Erfolgsgeschichte“, sagt Sarah Brandl, die Besitzerin von Luca. Sie leistet, was den Einsatz von Tieren in der klinischen Therapie betrifft, seit gut viereinhalb Jahren Pionierarbeit im Haus. Wenn die Pflegefachkraft sieht, wie die Tiere den zum Teil schwerkranken Patienten ein Lächeln ins Gesicht zaubern, dann geht der 42-Jährigen selbst das Herz auf. „Wenn unsere Patienten wissen, dass ein Termin mit uns ansteht, sind sie motivierter, ausdauernder und pünktlich da. Das funktioniert sehr gut“, berichtet Brandl.
Die BKH-Mitarbeiterin liebt Tiere. Zuhause in einem ihrem Ort im westlichen Landkreis Augsburg hat sie eine ganze Menge davon, unter anderem drei Shetlandponys. Als Sarah Brandl zusätzlich eine Weiterbildung zur Demenztrainerin mit Pferden erfolgreich absolviert hatte, schlug sie vor, diese Ponys auf den F-Stationen, wo Gerontopatientinnen und
-patienten behandelt werden, in die Therapie zu integrieren. Ärztlicher Direktor Prof. Alkomiet Hasan hatte gleich ein offenes Ohr dafür. Seitdem transportiert die Pflegefachkraft mehrmals pro Woche abwechselnd zwei ihrer drei Ponys vom Stall an ihrem Wohnort mit dem Hänger nach Augsburg in die Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik. Dort werden alle schon sehnsüchtig erwartet. Auf Wunsch und bei entsprechender medizinischer Voraussetzung gehen die Patienten dann mit Sarah Brandl und Püppi, Tinkabell oder Moritz (so die Namen der drei Ponys) spazieren.
Zusätzlich fahren BKH-Mitarbeitende mit älteren Patientinnen und Patienten zweimal pro Woche auf einen Erlebnisbauernhof im Kreis Augsburg. Dort können die betagten Senioren, die unter anderem unter Demenz leiden, einen Vormittag lang Hühner füttern, Kaninchen und Meerschweinchen in ihrem Gehege besuchen, streicheln und umsorgen. Auch ein Esel- und Ziegenstall kann dort „erlebt“ werden. „Die Begeisterung ist groß. Bei den meisten Senioren liegt es schon viele Jahre zurück, dass sie Kontakt mit Tieren hatten. In solchen Momenten fällt ihnen sehr viel von früher ein. Es werden Sinne angesprochen, die Bewegung an der frischen Luft tut gut. Es gibt Gesprächsstoff ohne Ende“, berichtet Sarah Brandls Kollegin Mona Bäuml, eine Ergotherapeutin und ausgebildete Fachkraft zur tiergestützten Intervention. Sie hat den Kontakt zu dem Bauernhof geknüpft.
Sarah Brandl freut sich, dass sie in der Klinikleitung eine so große Unterstützung erfährt. Mit Zustimmung von Prof. Hasan, zugleich Lehrstuhlinhaber für Psychiatrie und Psychotherapie an der Universität Augsburg und Prodekan der medizinischen Fakultät, läuft am BKH gerade eine Studie zur pferdegestützten Therapie mit Ponys. Dabei soll die Selbstwirksamkeit und Therapiezufriedenheit bei Patienten mit aversiven Kindheitserfahrungen untersucht werden. Sarah Brandl möchte dem Ergebnis nicht vorgreifen. Die 42-Jährige sieht aber jeden Tag, wie positiv die allermeisten Patientinnen und Patienten, die im BKH behandelt werden, auf ihre Tiere ansprechen.
Georg Schalk, Pressesprecher