1983 kommt Ingrid Lochmüller an die Klinik Donaustauf (heute Caritas-Krankenhaus St. Maria), aber nicht etwa als Krankenschwester oder Patientin: „Ich war Ausbilderin in einem großen Friseurladen in Regensburg. Zu unserer Kundschaft zählte eine Ärztin. Sie wurde auf mich aufmerksam und hat mich gefragt: Sie, Fräulein Ingrid, gefällt´s Ihnen hier? Dann habe ich gesagt: Nö. Und sie meinte: Wollen Sie zu uns ins Krankenhaus kommen, nach Donaustauf?“ Die Antwort darauf war für die damals 23-jährige Friseurin sofort klar: Ja! „Und dann habe ich schlagartig gekündigt und bin losgezogen und seitdem sitze ich hier.“
42 Jahre lang hat Ingrid Lochmüller die Geschichte der Klinik Donaustauf, die seit dem Trägerwechsel 2024 Caritas-Krankenhaus St. Maria heißt, begleitet und miterlebt. „Angefangen habe ich ganz einfach, nur ausgestattet mit meinen Friseurwerkzeugen, auf der Tuberkulosestation für Mädchen“, erzählt sie. Schon damals war die Klinik auf Lungenheilkunde spezialisiert, was ihr in der lokalen Bevölkerung auch den Spitznamen „Hustenburg“ eingebracht hat. „Ich hatte erst noch nicht einmal einen Spiegel, bis wir irgendwo im Haus einen aufgetrieben haben. Die Patientinnen haben den dann immer gehalten, damit sie mir beim Haareschneiden zuschauen konnten. Später habe ich einen bequemen Stuhl und einen größeren Spiegel besorgt und mich in der Waschküche eingerichtet“, berichtet Ingrid Lochmüller weiter.
Während sie ihrer Arbeit nachging, erlebte sie auch den Klinikalltag mit. So erinnert sie sich, dass den Tuberkulosekranken früher jeden Tag zwei Stunden Liegekur verordnet wurden. Diese Beobachtung sorgte bei der damals 23-jährigen Friseurin für Verwunderung, wie sie berichtet: „In meiner Naivität habe ich den damaligen Chefarzt Prof. Siemon gefragt: Warum müssen die jetzt liegen? und er hat darauf erwidert: Naja, damit die Löcher zuwachsen. Darauf hab ich gemeint: Was für Löcher? Und er antwortete: Ja in der Lunge sind Löcher und die müssen wieder zuwachsen. Ich hab mir gedacht, der veräppelt mich, denn davon hatte ich noch nie gehört.“
Heute sind meist nur noch wenige Tuberkulosekranke in St. Maria in Behandlung und die Liegekuren wurden von wirksamen Medikamenten abgelöst. Als hochspezialisiertes Fachkrankenhaus für Pneumologie, und seit 2006 ergänzt um eine Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, kommen die Patientinnen und Patienten nun aus ganz Ostbayern und darüber hinaus ans Caritas-Krankenhaus Donaustauf.
Mit dem Neubau der Klinik konnte sich Ingrid Lochmüller ab 2003 einen eigenen kleinen Friseursalon im Hauptgebäude des Krankenhauses einrichten, ganz zentral, direkt neben dem Kiosk, mit zwei Friseurstühlen und großen Spiegeln, einem mobilen Waschbecken und einem samtigen dunkelblauen Ohrensessel, für Patientinnen und Patienten, die gar nicht zum Haareschneiden, sondern einfach so vorbeikommen wollten: „Meine Tür war immer offen und so sind die Leute auch bei mir gelandet.“ Beispielsweise erinnert sich die Friseurin an einen jungen Patienten mit Mukoviszidose, der während seines Klinikaufenthalts immer wieder in den Salon kam, um im Ohrensessel ein Nickerchen zu machen. „Die Patientinnen und Patienten haben sich hier wohlgefühlt“, ist sich Ingrid Lochmüller sicher. Doch ganz egal ob in ihrem gemütlichen Salon oder direkt am Patientenbett, entscheidend sei es, den Menschen ein Stück Normalität zurückzugeben, ist die Friseurin überzeugt.
Genau das hat Ingrid Lochmüller am Caritas-Krankenhaus St. Maria in den vergangenen 42 Jahren immer wieder geschafft, als Friseurin und seit 14 Jahren zusätzlich auch als engagierte Patientenfürsprecherin. Mit Mitte August 2025 allerdings tritt sie ihren wohlverdienten Ruhestand an, womit auch der kleiner Friseursalon, wie in so vielen anderen Krankenhäusern, Geschichte ist. Ingrid Lochmüllers Resümee aber fällt auch nach so langer Zeit positiv aus: „Ich bereue keine Sekunde in diesem Haus, wirklich keine.“