Als der Patient R. K. (86) von seiner Hündin Yasti auf der Intensivstation besucht wird, geht es ihm schlagartig besser.
Es herrscht Alltagsbetrieb im Krankenhaus Grafenau, als plötzlich Pfleger und Ärzte aller Stationen nach draußen vor das Gebäude strömen. Sichtlich berührt beobachten sie ein nicht gerade alltägliches Schauspiel. R. K. (86), Patient der Intensivstation, empfängt unter Tränen einen ungewöhnlichen Gast: seine Schäferhündin Yasti. Es ist eine Geschichte wie aus dem Bilderbuch, die sich Mitte Juli 2015 auf der Intensivstation im Grafenauer Krankenhaus ereignet hat. R. K. aus Riedlhütte liegt schwer krank seit mehreren Wochen im Bett. Sein Zustand verschlechtert sich zunehmend, er hat Heimweh. Und Sehnsucht. Nach seiner treuen Partnerin, der Schäferhündin Yasti. Auch die vermisst zu Hause ihr Herrchen sehr. K’s. Tochter kümmert sich um die Hündin. „Sie hat da ihr Ritual. Yasti läuft alle Räume im Haus ab und sieht nach, ob ihr Herrchen da ist. Und dann kommt sie zu mir und sieht mich an, als wolle sie sagen: Wo hast du ihn jetzt wieder versteckt?‘“
Als K. sich an einem Tiefpunkt befindet, beschließt man ein ganz ungewöhnliches Vorhaben. Eine Betreuerin der Station, Schwester Sonja, ergreift die Initiative und organisiert, was den Hundeliebhaber und seinen vierbeinigen Freund aufmuntern soll: ein Treffen der beiden. Trotz der strengen Hygienevorschriften, die auf der Intensivstation gelten, sind auch die Ärzte einverstanden. Sie hoffen, es würde dem Patienten helfen. Gemeinsam mit dem Schäferhundeverein OG Reichenberg ermöglichen die Kliniken Am Goldenen Steig den ungewöhnlichen Besuch. „Zum Gesundwerden gehört nicht immer nur das Medizinische, deshalb freuen wir uns, so etwas ermöglichen zu können“, sagt Claudia Decker, Pressesprecherin der Kliniken Am Goldenen Steig. Als der große Tag gekommen ist, wickeln die Pfleger den Patienten aus Hygienegründen in ein riesiges Bettlaken und bringen ihn mit dem Rollstuhl vor das Krankenhaus.
Dort wartet Siegfried Urbanek, Angestellter des Krankenhauses, wie K. Mitglied im Schäferhundeverein OG Reichenberg und Freund der Familie. An der Leine hält er Yasti, die ihr Herrchen schon gewittert hatte, bevor es in Sicht kam, und die kaum noch zu halten ist. Als der Kranke seine Hündin wiedersieht, fühlt er sich sofort viel besser. „Ich wäre am liebsten gleich mit nach Hause gelaufen“, erinnert er sich mit Tränen in den Augen. Die ungewöhnliche Wiedervereinigung der beiden lockt Ärzte und Pfleger aller Stationen vor das Krankenhaus. „Selbst die hartgesottenen Schwestern waren sichtlich berührt“, so die Tochter. Der Therapieversuch schlägt an. Der Zustand verbessert sich wieder, seine Ärzte finden es unglaublich. „Wenn ich daran denke, dass wir vor zwei Wochen noch fast aufgegeben hätten“, schüttelt die Tochter den Kopf. Der Schäferhund ist in seinem Wesen ein anhänglicher Gefährte, mit großer Liebe zum Menschen. Meist konzentriert die sich besonders auf eine Person, das Herrchen, dem der Hund treu zur Seite steht. Deshalb ist es dem Patienten auch ein persönliches Anliegen, mit den oft schlechten Vorurteilen aufzuräumen: „Hunde sind tolle Tiere, sie gehören nur richtig erzogen.“ In diesem Fall half der Vierbeiner auch durch die schwersten Zeiten hindurch. Der Anblick seiner Hündin hat ihm offenbar die Kraft gegeben, weiterzukämpfen.