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Sozialstiftung Bamberg

Cochlea-Implantat und Hörgerät ermöglichen Zwillingsmädchen das Hören und Sprechen

„Die Stimmen unserer Töchter zu hören ist unbezahlbar“

Leonie und Kiara kamen im September 2021 auf die Welt – drei Monate zu früh. Als das Neugeborenen-Hörscreening ein negatives Ergebnis zeigte, verwiesen die Ärzte auf eine „mögliche Nachreifung“ des Hörorgans, die noch eintreten könne. Erst bei einem zweiten Termin erhielten die Eltern dann die Diagnose, dass Leonie an Taubheit angrenzend schwerhörig und Kiara hochgradig schwerhörig ist.

„In dem Glauben und der Hoffnung, dass die beiden die Nachreifung noch erreichen, sind wir in den Termin gegangen“, erinnert sich Mutter Liane. „Die Konfrontation mit der Realität mussten wir erst einmal verarbeiten.“ Auf die Frage nach dem „Warum?“ gab ihnen zu einem späteren Zeitpunkt eine humangenetische Analyse die Antwort: bei den Zwillingen liegt ein Gendefekt vor.

Die anfängliche Versorgung mit Hörgeräten für beide Mädchen gab den Eltern Zeit sich mit der Frage zu beschäftigen: Welche Lösung kann ihren Töchtern das bestmögliche Hör- und Sprach-Erlebnis für ihren weiteren Lebensweg ermöglichen? Nachdem eine Klinik Cochlea-Implantate für beide Kinder empfohlen hatte, waren sich die Eltern unsicher. Bei der Operation handelt es sich um eine irreversible Entscheidung.

Diese Unsicherheit konnten Dr. Andreas Eckert, der Chefarzt der Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde am Klinikum Bamberg, und sein Team der Familie nehmen. Durch einen „glücklichen Zufall“ hatten Liane und ihr Mann von der HNO-Praxis am Bruderwald und der Möglichkeit der Implantation vor Ort in Bamberg erfahren. Vor der jeweiligen möglichen Cochlea-Implantation wurde bei beiden Kindern eine Messung vom Hörnerv (BERA) durchgeführt, um den Grad der Schwerhörigkeit nochmals genau zu bestimmen. Für Kiara gab es hierdurch die Chance, statt einer Operation zunächst weiterhin mit Hörgeräten versorgt zu bleiben. Die regelmäßigen Kontrollen zeigen: bislang kommt sie damit gut zurecht.

Leonie bekam zwei Cochlea-Implantate. Bis alles verheilt war, war Leonie nach der Operation für rund vier Wochen ohne Gehör. „In dieser Zeit konnten wir uns nur mit Gebärden und über Körpersprache verständigen und ihr mit viel Körperkontakt und Zuwendung das Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit geben“, erzählt Liane. „Nach der Aktivierung der Implantate fand dann für uns alle ein Lernprozess statt, der viel Ausdauer und Geduld einfordert.“ Dies betrifft zum einen den Umgang mit den technischen Geräten und zum anderen die Gewöhnung von Leonie an das Tragen des Gerätes und dessen Akzeptanz.

Auch wenn Cochlea-Implantat und Hörgerät einen Aufwand mit sich bringen – die Geräte werden von den Kindern verlegt, verloren oder versteckt und die Eltern sind in der Pflicht, diese mehrmals täglich wieder anzubringen und zu kontrollieren, sie sind nicht wasserfest und wie bei anderen Geräten gehen auch hier Akku oder Batterie einmal zu Ende und es muss für ausreichend Ersatz in jeder Situation gesorgt sein – die Eltern der Zwillings-Mädchen sind dafür sehr dankbar.

„Wir sind rückblickend sehr zufrieden, dankbar für diese medizinischen Möglichkeiten und dafür, dass unsere Töchter damit unsere verbale Sprache erlernen können. Jede noch so kleine Kommunikation ist für uns der größte Fortschritt. Und die Stimmen unserer Töchter zu hören ist für uns unbezahlbar“, so Liane. Zusätzlich verwendet die Familie in Situationen, in denen keine Hörhilfen getragen werden, Gebärden. „Das CI ist für uns alle ein Geschenk. Inzwischen leben wir viel bewusster im Umgang mit dem Hören und der Entscheidung unserer Mädchen auch mal eine Pause davon zu nehmen.“